Samstag, 31. Januar 2015

Perfektion hat einen Namen: Mary Sue

Hallihallo
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So manch ein Internetnutzer, der außer Wikipediaartikel zur Ausarbeitung von Vorträgen abends vor Tag X, noch anderen Lesestoff sich vor Augen führt und sich mit den Heldengeschichten identifizieren kann, ist bestimmt schon einmal auf die Idee gekommen, zu eben dieser Grundgeschichte eines anerkannten Autors seine eigenen Erweiterungen niederzuschreiben oder sich die von anderen durchzulesen. Solche Geschichten nennt man – und jetzt schön aufpassen, es folgt ein neues Wort – Fanfictions und sind für wirklich jedes erdenkliche Genre auffindbar. Es gibt einige wenige Gute, die meisten erschließen sich vom Sinn her für den Autor mehr als für den Leser und wieder Andere sind dermaßen scheußlich, dass man Kopfschmerzen bekommt.

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Mittlerweile erachten einige dieser freien Autoren es nicht mehr für äußerst nötig, sich eine eigenständige, durchdachte Figur auszudenken und greifen auf das altbekannte Schema > Oh mein Gott ich bin das süßeste/hübscheste/schlauste/witzigste Mädchen überhaupt< zurück, was über die Jahre schon so oft passiert ist, dass dieses Schema eine eigene Bezeichnung bekommen hat. Diese übertrieben perfekten Mädchen heißen Mary Sues, das männliche Pendant heißt Gary Stu.
Was zeichnet aber so ein Mädchen aus? Ich werde eine kleine Liste mit den Merkmalen vorstellen, die ich in akribischer Recherche zusammengestellt habe und wenn euch noch was einfällt, können wir die Liste beliebig erweitern. Ich freue mich schon auf eure Kommentare.
Aber zunächst fangen wir mit ein paar kleinen Hintergrundinformationen an.
Die erste Mary Sue wurde als Parodiefigur 1974 von der amerikanischen Autorin Paula Smith geschaffen und ware der neue weibliche Lieutenant auf der Enterprise in Star Trek. Die Fanfiction hieß >A Trekkie's Tale< und wurde noch altmodisch in dem Fanzine „ Menagerie #2“ veröffentlicht. Paula Smith hatte ihre Halbvulkanierin Mary Sue so konzipiert, dass sie in eine rundum perfekte Figur ohne jeden Makel war, der die Männerherzen nur so zuflogen. Zum Ende der Geschichte rettet sich den Hauptfiguren Kirk, Spock und Dr. McCoy auf heroische Art und Weise das Leben, was sie nur begehrenswerter und liebenswürdiger machte. Paula Smith war von ihrer Schöpfung so begeistert, dass sie die Namen Mary Sue bald als Synonym für eine völlig farblose, dafür brilliante Schönheit verwendete und einen weltweiten Kult schuf, der von den meisten Autorinnen nicht geplant wird und von den Lesern gnadenlos in Stücke gerissen wird.
Mittlerweile wurde zu Ehren aller Mary Sues in der viralen Welt ein wunderschönes Lied aufgenommen, dass alle Merkmale poetisch ausdrückt.


Um eine Figur als Mary Sue zu identifizieren, kann man sich an folgende 20 Punkte halten:

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  1. Eine Mary Sue ist immer blutjung und wunderschön also so richtig atemberaubend, so richtig richtig hübsch und sexy auf eine unschuldige Art und dabei so verdammt hübsch und liebreizend.
  2. Eine Mary Sue hat entweder ziemlich große Ähnlichkeit mit dem Aussehen der weiblichen Autorin oder stellt das Traumbild des zwölfjährigen Fangirls da, nur dass, anders als die reale Person dahinter, eine Mary Sue keinerlei Makel besitzt, die sie hässlich ( oder menschlich ) machen könnten.
  3. Alle ihre Freunde und auch ihre Feinde (obwohl die das nie zugeben würden) finden Mary Sue wunderschön und einfach perfekt und lieben sie oder streben danach, so zu sein wie sie.
  4. Der Hauptanteil der Geschichte beschränkt sich darauf, dass Mary Sue erzählt was sie und die anderen Figuren anziehen und sich stylen.
  5. Mary Sue wiederum nimmt das gar nicht wahr und hat ständig Selbstzweifel, die ihre Freunde aber beschwichtigen, indem sie ihr in jeder Zeile sagen, wie toll sie ihre tolle Freundin doch finden
  6. Jede Person liebt Mary Sue. Wirklich jeder!
  7. Also wirklich JEDER liebt sie!!!
  8. Auch das nimmt unsere kleine Mary Sue nicht wahr, sondern findet stattdessen immer einen Weg, wie sie sich hässlich finden kann oder findet Jungs und so eh voll eklig
  9. Überhaupt jammert eine Mary Sue nur und bahnt sich so den Weg in die Herzen aller, die sie trösten und bis an ihr Lebensende beschützen und lieben wollen
  10. Eine Mary Sue hat meistens einen ziemlich unlogischen abstrusen Stammbaum und so eine verwirrende bis eklige Beziehung zu ihrem Schwarm ( der ja auch in sie verliebt ist). Bestes Beispiel für so ein Verwandschaftsverhältniss bietet eine Fanfiction zu Harry Potter, wo unsere Heldin sowohl die Tochter von Lord Voldemort, als auch die Enkelin von Albus Dumbledore ist. Dieses Missgeschick muss dann wohl noch zu Dumbledores nicht vorhandenen Heterozeiten gewesen sein....
  11. Auch gerät eine Mary Sue völlig planlos in die Handlung, meistert aber alle Probleme, weil sie ja auch alles perfekt beherrscht.
  12. Sie ist auch immer Klassenbeste und Mitglied in allen möglichen Clubs beziehungsweise überall irgendwie involviert.
  13. Die anderen Figuren benötigen Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte um eine Kampftechnik zu erlernen oder sich Wissen anzueignen, während Mary Sue es einfach schon beim ersten Mal perfekt beherrscht und es dann allen freudestrahlend beibringt.
  14. Zudem ist eine Mary Sue immer die Hüterin einer speziellen Gabe, die sonst niemand besitzt und unsere Heldin zunächst komplett überfordern, weil sie doch eigentlich nur ein „ganz normales“ Leben führen will. Nach einer Überwindungsphase genießt Mary Sue dann aber ihre neue supermegageile Superkraft und reibt es all ihren Verehrern unter die Nase wie viel geiler sie doch ist.
  15. Neben ihren abnorm gut ausgeprägten Fähigkeiten hat eine Mary Sue auch eine großen Freundes – und Bewundererkreis ( weil alle sie ja lieben, ne) und es gibt nur ganz wenig Personen die sie nicht verehren, die auch gleich sofort fies, böse und nur eifersüchtig sind, aber in Windeseile von Mary Sue bezirzt werden.
  16. So kommt es auch, dass eine Mary Sue sich mit vielen Liebhabern gleichzeitig herumschlagen muss, von denen eine Person immer mit ihr verwandt/ ein Vampir/ ihr Freund aus der Vergangenheit/ ihr Freund aus der Zukunft/ ihr bester Freund von dem sie dachte er wäre schwul/ oder ein totaler Bad Boy ist.
  17. Eine Mary Sue hat ihr erstes Mal immer mit ihrer großen Liebe und danach mit ihm ständig wunderbaren, nie ermüdenden Sex der immer in einem überragenden Orgasmus mündet
  18. Mary Sues Freunde und Lover sind nicht mal halb so talentiert und wunderschön wie sie selbst, aber sie würde sich nie darüber lustig machen, weil sie ja so ein perfekter Mensch ist.
  19. Mary Sue macht während der gesamten Handlung keine wirkliche Entwicklung durch oder hinterfragt ihr Handeln, da sie ja perfekt ist.
  20. Eine Mary Sue kennt alle Hintergrundinformationen, Schwächen und Stärken ihrer Freunde und Feinde und schlängelt sich so gekonnt durchs Geschehen bis sie schlussendlich tragisch stirbt und dabei alle rettet, die anschließend bis an ihr Lebensende um sie trauern.

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Die wohl bekannteste und schrecklichste Mary Sue aller Zeiten ist wohl die von Tara Gilesbie ( aka XXXbloodyrists666XXX ) geschaffene Ebony Dark’ness Dementia Raven Way ( ja das ist ein Name), eine wunderschön Gothic-Vampirin die nebenbei noch Schülerin in Hogwarts ist und dort von jedermann ( - und frau ) geliebt, wenn nicht gar vergöttert wird.
Die Handlung ist wirklich grottig und die Autorin unterstützt die Suizidgedanken ihrer Leser mit Rechtschreibfehlern, merkwüridgen Kommentaren und völlig dämlichen Charakteren. Obgleich >My Immortal< wirklich die allerschlimmste Fanfiction überhaupt ist, hat sich im Laufe der Zeit eine Fanpage, haufenweise Videos und Bilder und sogar eine eigenständige Wikisite.
Die Fanfiction ist genauso armselig wie lesenswert, einfach weil sie so schlecht ist. Wer also Lust hat eine völlig bescheuerte Harry – Potter – Parodie zu lesen, oder einfach nur mal wieder sich vor Lachen in die Hose pissen möchte, sollte sich wirklich >My Immortal< durchlesen, davor und danach sich aber in psychologische Betreuung begeben.

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Mary Sues sind also ziemlich nervig und für den Leser absolut nervenaufreibend und generell nicht lesenswert und doch haben sie ihre Berechtigung. Sie sind insbesondere für die Autorin selbst wichtig, da sich diese so ein Traumbild erstellen kann, was insbesondere für junge Mädchen voller pubertärer Selbstzweifel eine Hilfe darstellen kann sich selbst zu finden und Selbstvertrauen zu gewinnen, so komisch es sich auch anhören mag.
Zudem fördert auch eine Mary Sue die Kreativität und Schreibfähigkeit, wenn man sich viel mit seinem Charakter beschäftigt und neue Wege sucht, ihn zu perfektionieren.

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Jedoch sollte man sich generell überlegen, ob man seine Geschichte und die dazugehörige Heldin auch wirklich auf einer Fanfictionplattform hochstellen will, da man immer mit negativen Kommentaren rechnen muss. Ist man sich den Konsequenzen aber bewusst, so kann man auch großen Erfolg erlangen, denn nicht zuletzt ist auch der folgende Kinohit > Shades of Grey< einer Twillightfanfiction zugrunde gelegt.
Bella Swan und Anastasia Steele gelten wohl als die bekanntesten Mary Sues abseits der Fanfictionwelt, denn mittlerweile entwickeln sich immer mehr Heldinnen und Autorinnen zu farblosen Gestalten, was wirklich ein schlechtes Zeichen für unsere Literaturszene ist – meiner Meinung nach. Wahrscheinlich aber muss man mit dieser Entwicklung leben und außerdem ist man selbst immer noch so mündig, dass man entscheiden kann, ob man sich einer Mary Sue hingibt oder doch lieber ein richtiges Buch lesen will.

Welche Mary Sues kennt ihr noch? Was zeichnet sie aus? Wie steht ihr überhaupt zu dem Thema? SInd Mary Sues einfach nur lästig oder vielleicht sogar eine Bereicherung?

Im Übrigen habe ich keine Ahnung, wieso die Textfarbe so spinnt. Ignoriert das einfach.

liebst
Elli

5 Kommentare:

  1. Ach, liebste Elise, danke dafür! Mary Sues sind natürlich eine vorzügliche Bereicherung unserer Läster-Minütchen im Bus, ich wüsste kaum, worüber wir sonst reden sollten, wenn nicht über die gute Ebony. Ich glaube, ich schmökere gleich noch mal in zwei Kapiteln, ist ja auch schon wieder ewig her...

    Ach nein, herrlich! Ist ja schön, wie tolerant die sind, Hagrid darf auch mitspielen in ihre Black Gothic Rose 666-Band oder wie auch immer sie heißen. Und das mit Diabolo ist schon beeindruckend, dass sie diesen Namen kennt und verwendet, oder? Man könnte die Gute fast wortgewandt nennen!
    Ja, soviel dazu. Ich gelobe feierlich, niemals einen tollpatschigen Protagonisten ohne Selbstwertgefühl und dafür mit schlechtem Humor zu erfinden. Arrogante Charaktere, die keiner leiden kann, sind doch eh viel cooler - vor allem, wenn sie, nachdem sie unglaublich viele Leute gequält und geärgert haben, auf dem Höhepunkt ihrer Macht selbst sterben. Ahhh, ist das schön! Ich fühle mich fast so diabolisch wie Ebony!

    Alles Liebe,
    Mara

    PS: Du bist übrigens voll hübsch und süß und ich bewundere dich voll (und alle meine Freunde natürlich auch) und will mal so sein wie du - hyperintelligent, schön, bescheiden und total einzigartig und individuell gleichzeitig!
    ... Müssten noch ein paar mehr Rechtschreibfehler drin sein, oder? Ich arbeite an meiner Authentizität.

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    1. Ja ja die gute Ebony/Enoby/Egogy/Tara ist wirklich ein tolles Mädchen mit so vielschichtigen Charakterzügen und Sinn für Mode....nicht
      Ich bin wieder dabei die Story zu lesen und irgendwann kommt die Stelle, wo sich jemand in ihren Account hackt und ein eigenes Ende schreibt, einfach um den Wahnsinn zu stoppen. Einfach genial
      Arrogante Charaktere, die niemand leiden kann und die dann auf dem Höhepunkt ihrer Macht sterben? Kennen wir das nicht aus einer Serie wo auch Thomas Brodie - Sangster mitspielt und man auch an einem vergoldeten Köpfchen sterben kann? Hmm.... nee mir fällt nix dazu ein.

      liebst
      Elli

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    2. Echt? Das klingt toll, rennen sie dann alle mit Blumenkränzen rum und keiner mag Ebony? Das wäre wirklich sehr reizend. Sehr, sehr, reizend (auch wenn ich nicht dran glaube).

      Hm, ja, dort eventuell auch. Oder in Säulen der Erde zum Beispiel (immer diese Mittelalter-Serien... Früher waren die Menschen halt noch so richtig fies, heute sind das nur noch so halbwegs brisante, wirtschaftliche Intrigen).
      Ich bin übrigens im Inbegriff, mir "Some Dogs Bite" anzuschauen (mit einem glatzköpfigen 19-jährigen, de aussieht wie 14 eventuell), aber ich fürchte, ich muss ausnahmsweise mal ein bisschen Politik machen. Und ich habe gerade beschlossen, dich zu zitieren, so als junger Mensch, der sich Gedanken drüber macht, wozu wir eigentlich Brunnen haben. Voll authentisch, soll zum Nachdenken anregen und so.

      Grüßelchen,
      Mara

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    3. Okay, okay, hab meine Lieblingsstelle schon gefunden:

      Everyone is in love with me! Im good at too many things! WHY CAN’T I JUST BE NORMAL? IT’S A FUCKING CURSE!

      Das arme Schwein, muss schon hart sein.

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    4. Es gibt einfach so viele schöne Zitate. Die gesamte Fanfiction ist einfach so missraten, dass sie schon fast wieder gut ist...aber auch nur fast.Wie herrlich schrecklich doch die Figuren zerrissen werde und wie zusammenhangslos doch die Handlung aufgebaut ist...hach...toll

      Eine der besten Stellen:
      - Ebony und Draco hatten gerade du-weißt-schon-was, als herauskommt dass Draco zuvor mit Vampire (aka Harry Potter) geschlafen hat:
      “No! No! But you don’t understand!” Draco pleaded. But I knew too much.
      “No, you f**king idiot!” I shouted. “You probably have AIDs anyway!”
      - wow.....

      Ich ringe wirklich mit mir, ob ich mal einen ausführlichen Post über unsere Lieblingsfanfiction machen sollte... hmm :D

      liebst
      Elli

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