Hallihallo,
Sicherlich kennt jeder von
euch diese schnulzigen Heimatfilme, die irgendwie alle in den bayrischen
Bergwelten spielen und wo es meistens um bedirndlelte Mädchen und Buben in
Lederhosen geht, die beim Ziegenhüten zueinander finden. Obwohl die ja noch
nicht die schlimmste Form der Heimatliebe sind.
Wahrscheinlich habt ihr auch
schon im lokalen Supermarkt diese kleinen, auf halbvergilbten Papier,
gedruckten Schmonzetten gesehen, die eh niemand kauft ( wodurch die komische
Farbe des Papiers ergründet wäre) und die sich von den obengenannten Filmen
insofern abgrenzen, als das in ihren hochoriginellen Geschichten, dann ein gutaussehender,
sanftmütiger Bergdoktor die Rolle des lederbehosten Ziegenhirten übernimmt.
Nun ich bin ein großer Fan
dieser Heimatgeschichten und das war gerade eine glatte Lüge. Was daran liegen
könnte, weil ich noch nicht über siebzig Jahre alt bin und mit meinen vierzehn
Katzen im Schaukelstuhl sitze und beim Klöppeln das lese.
( Obwohl ich mir so ehrlich
gesagt meine Zukunft vorstelle. Dann werde ich die Geschichten vom Seppi und
der Maria verschlingen.).
Gut ich habe gerade ziemlich
übertrieben, aber irgendwie rufen solche
Heimatgeschichten immer dieses Klischee bei mir auf. Deshalb war zunächst ein
wenig skeptisch, als ich den Untertitel des Buches las, das Mama mir aus den
Tiefen ihres Bücherschrankes hervorgeholt hat und um das es hier geht.
„ Familienschlacht in
Knockimdowney – Erzählungen aus dem irischen Landleben“ von William Carleton
ist nämlich das heutige Buch der Stunde. Zugegeben, ich konnte mir schlecht
vorstellen, dass unsere Büchersammlung einen Alpenroman enthält, aber man weiß
ja nie.
Mister Carletons Werk ist
aber gar nicht mit einer solchen Abscheulichkeit zu vergleichen, aus dem
einfachen Grund, weil dieses Buch einfach nur einschlägt, wie eine tüchtige
irische Faust in eine ebenfalls irische, jedoch feindliche Fresse.
Ich bin, logischerweise seit
ich lesen kann, eingefleischter Kurzgeschichtenfan. Nicht, weil ich nicht gerne
lese, sondern weil sie so detailliert und kurzbündig sind, nicht so wie ihre
schwafelnden großen Brüder.
In der ersten Geschichte „
Phelim O’Tooles Brautschau“ geht es um den gleichnamigen Nichtsnutz Phelim ,
der sich seiner irischen Bauernschläue aus dem nichtigen Bund der Ehe mogeln
will, dabei mehrere Frauen um Geld und Jungfräulichkeit bringt, am Ende jedoch
auf eine Reise ohne Wiederkehr in die damalige, beschauliche Gefängniskolonie
Australien aufmacht.
Als nächstes beschäftigt
sich William Carleton, selbst ein Paddy. in „ die Geschichte von Larry und Sally“ mit eben diesem
Pärchen, das verheißungsvoll startet, aber schon bald ihrem ausschweifenden
Lebensstil zum Opfer fällt. Das nimmt so etwa 1/3 der gesamten Handlung ein,
danach folgt die Totenwache. Hier wird dann recht anschaulich beschrieben, was Alles
getrieben wird, um nicht ein zu schlafen, da man bei einer Totenwache den ganzen
Tag wach bleiben muss. Carleton erzählt von den Spielen, die die
unverheirateten, jungen Dorfbewohner miteinander spielen, die entweder auf eine
ordentliche Prügelei oder heftiges Techtelmechtel hinauslaufen. Kein Witz.
Entweder brechen sich die Kerle gegenseitig die Hände oder man befühlt mit eben
diesen die weiblichen Körper.
Überhaupt scheint
gutbürgerliches Gekloppe ziemlich wichtig für die damalige Zeit in Irland
gewesen zu sein, was auch die dritte Geschichte „ Familienschlacht in
Knockimdowney“ beweist. Hier wird die Fehde zweier Familien, den O’Hallaghans
und den O’Callaghans, deren Namen sich lustigerweise ähneln, wer hätte das
gedacht, beschrieben. Die beiden Sippen treffen sich alle Jahre wieder, um sich
ordentlich aufs Maul zu geben. Als sich dann auch noch John O’Callaghan in die
hübsche Rose O’Hallaghan ist die irische Hommage von Romeo und Julia komplett.
Ebenso wie der Klassiker kann auch hier die Liebe nicht bestehen, aber zuvor
wird euphorisch die Kampfhandlung beschrieben, die als nationaler Volkssport
gefeiert wird. Carleton schreibt so bildhaft, verliebt und geistreich von der
Sippenschlacht, dass diese fast schon einen philosophischen Status erhält, da
man hier wirklich mal über das Leben und wie schnell es doch ausgelöscht werden
kann, nachdenkt. Trotzdem hat man nach dem Lesen das arge Gefühl, dass William
Carleton als Kind doch etwas oft vom Wickeltisch gefallen ist.
„ Phil Purcel der
Schweinetreiber“, die letzte Geschichte handelt von dem gleichnamigen,
pfiffigen Borstenviehhüter Phil Purcel, der im versnobten England mit seinen
schlauen irischen Schweinchen die Landgutsbesitzer übers Ohr haut und dadurch großen
Reichtum erlangt, den er brav wieder ins geliebte Mutterland Irland trägt. Hier
kommt es aber nicht zu einer Prügelei, was verwundert, ja fast enttäuscht.
Wer also mal richtige,
ehrliche Heimatgeschichten oder von einer ordentlichen Prügelei lesen möchte,
dem empfehle ich wirklich „ Familienschlacht in Knockimdowney“ von William
Carleton. Die Geschichten spielen im 18-19 Jahrhundert und haben
dementsprechend noch die schöne alte Sprache und kreative Kraftausdrücke und
Flüche zu bieten, was ich persönlich sehr schön finde. Auch hat man hinten im
Buch ein kleines Glossar mit Anmerkungen, um die Geschichten besser verstehen
zu können. Ich fand das Buch wirklich gut, obwohl es mich auch verstört hat,
keine Frage. Aber dank des Buches weiß ich jetzt, dass, wenn mich ein Ire zum
Spiel „ Heiße Pranke“ einlädt, ich so schnell weg renne wie ich kann, außer ich
will mit gebrochenen Händen ins Krankenhaus.
liebst
Elli♥
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