Hallihallo,
29.Juni
2015 / Kopenhagen
Märchen und Marihuana
Den
Begriff Urlaub setzt man unweigerlich mit Entspannung gleich.
Entspannung wiederum hat viel mit dem Prinzip des
Sich-einfach-mal-treiben-lassen zu tun und sollte somit nicht an
Termine oder Uhrzeiten gebunden sein. Frühes Aufstehen, wie man es
vom Alltag gewohnt ist, schließt sich damit also eigentlich aus.
Leider kann man nicht alles abschalten und manchmal ist das sogar von
Vorteil.
source |
Wieso
ich das hier so ausweite? Vielleicht um den Leser nicht zu verstören,
wenn ich ihm gleich unterbreite, dass ich am zweiten Tag in
Kopenhagen das erste Mal bereits um 06:30 Uhr morgens aufgestanden
bin. Nur um zu sehen, dass es wie aus Eimern schüttet und mich dann
wieder in die Federn fallen zu lassen. Eine Stunde später sah das
Wetter glücklicherweise schon viel schöner aus. Das hat mich
wirklich gefreut, da wir viel für diesen Tag geplant hatten und es
doch wirklich sehr traurig gewesen wäre, wenn das hätte ins
buchstäbliche Wasser fallen müssen.
Nach
einem kleinen Frühstück machten wir uns auch schon auf zur kleinen
Meerjungfrau. Die ewig junge Dame lag etwa eine halbe Stunde
Fußmarsch von unserem Hostel entfernt und war für mich wohl das
wichtigste Ziel unseres Sightseeingausflugs. Meerjungfrauen sind ein
bedeutsamer Bestandteil meiner märchenhaften Kindheit und so musste
diese natürlich auch besucht werden.
Unser
Weg führte uns größtenteils am Wasser entlang. Einmal mussten wir
in die Stadt ausweichen, da Kopenhagen zur Zeit unseres Aufenthalts
eine einzige, riesige Baustelle war, was aber nicht schlimm war, denn
so gelangten wir in die Altstadt, die mittlerweile auch Heimat vieler
internationaler Botschaften ist.
Mein
Herz schlägt einfach aus unerfindlichen Gründen für diese alten
Häuserreihen, die man in so vielen Hafenstädten finden kann. Sie
sind wunderschön und charmant. Dazu noch Möwen im Gleitflug und
angrenzende, enge werdende Gassen, die einen immer weiter in die
Vergangenheit der Stadt führen und ich bin wunschlos glücklich.
Eine der Gassen führte uns, ohne das wir es davor so geplant hatten,
zum Schloss Amalienburg – der Residenz der dänischen Königin Margarethe II.
Paläste
und Königshäuser sind doch noch mal etwas ganz Besonderes. Egal wie
sehr unsere modernen Bauten an den Wolken kratzen und wie sehr ihr
Skelett aus Glas und Stahl auch im Sonnenlicht funkeln mag, einem
Königshaus mit wehender Fahne können sie einfach nicht das Wasser
reichen.
Das Schloss Amalienburg mit seinem runden Platz, der von
vielen Wachen und einer Reiterstatue bewacht wird, hat einfach
Charakter, wenn nicht sogar eine gewisse Autorität. Das Gebäude
allein reicht schon um Zucht und Ordnung herzustellen. Schon
irgendwie faszinierend.
Sollten
mal die architektonischen Schöpfungen versagen, gibt es ja wie
gesagt noch die königlichen Wachen in ihren kleinen, roten Häuschen,
die mich immer zum Schmunzeln bringen, weil sie mich an zu groß
geratene Zinnsoldaten erinnern. Das die aber auch anders können,
durften Mama und ich auch feststellen. Oftmals werden die würdevollen
Wachen der Königin nämlich als Fotomotiv missbraucht. So auch
dieses Mal. Eine Frau rückte einer Wache, auf Anweisung ihres
dauerknipsenden Ehegatten, immer weiter auf die Pelle, bis der sie
einfach zur Seite schupste. Als wäre nichts vorgefallen, wandte er
sich dann samt Partner um und schritt so erhaben zurück zu seinem
Häuschen.
Alles, ohne auch nur mit der wachhabende Wimper zu zucken,
während sie eine völlig verdutzte Frau einfach zurückließen ohne
das auch nur ein Foto geschossen war. Ja so eisern kann dann doch ein
Zinnsoldat sein.
Aber
genug von den königlichen Wachen, von denen sich so mancher Berliner
Türsteher was abgucken kann, schließlich lag unser eigentliches
Ziel noch vor uns. Und ehe wir es uns versahen, war sie auch schon
auf ein mal da. Die kleine Meerjungfrau, wohnhaft in Kopenhagen.
Spitze
Zungen behaupten ja, dass die junge Frau wäre mickrig und der ganze
Rummel um sie völlig übertrieben. Aber wie stellen diese Leute sich
denn eine Meerjungfrau vor? Sie ist doch ein zartes Wesen und kein
bulliger Berserker. Um es klar zu stellen: Ja die kleine Meerjungfrau
ist klein. ( Wer hätte es gedacht ). Sie hat etwa die Größe einer
normal großen Frau, die auf einem Stein sitzt. Aber erst das macht
sie doch erst so authentisch, oder nicht?
Schaut
man sich die zierliche Gestalt so an, ahnt man nichts von ihrem
eigentlichen , doch sehr tragischen Ende. Wir Disneykinder kennen ja
nur die Version, in der sie sowohl Stimme als auch Prinzen zum
Schluss wieder ihr Eigen nennen darf, Hans Christian Andersen war
dann doch etwas düsterer. In der Originalversion wird ihre Liebe
nämlich nicht erwidert, woraufhin das arme Mädchen so betrübt ist,
dass sie in ihre alte Heimat zurückkehren will. Leider erhält sie
aber auch nicht ihre Flossen zurück, weshalb sie ihre Beine
zusammennäht, sich von einer Klippe stürzt und sich in schneeweißen
Meerschaum verwandelt. Traurig aber wahr.
Um den Leser nicht weiter zu betrüben, verlassen wir die kleine Meerjungfrau und begeben uns ins angrenzende Kastell Kopenhagens. Ein Kastell ist eine militärische Befestigungsanlage in dem meistens auch ein Militärlager untergebracht ist. Daher liegt es auch auf der Hand, dass ein Kastell akkurat geplant und strukturiert aufgebaut ist, um dem Feind so wenig Angriffsfläche und einem selbst so viel Schutz wie möglich bieten.
Dass ein Kastell dabei wie ein kleiner
Stern aussieht, trägt zwar nicht unbedingt zur Abschreckung bei, der
gemeine Feind hat trotzdem wenig zu lachen, da sich in den
Sternspitzen Wachposten verstecken.
Heutzutage hat das Kopenhagener
Kastell zwar seine militärische Bedeutung gegen eine touristische
eingetauscht, als wir dort hindurch gestrolcht sind, fand aber gerade
eine Gedenkveranstaltung statt, weshalb wir lieber umliegenden Park
mit der schönen Kirche erkundet haben.
Danach
führte uns unser Weg zum Tivoli. Schon gestern habe ich ein wenig
über den wohl berühmtesten Freizeitpark Europas berichtet und ihn
zu besuchen war wirklich herrlich.
Der Park ist ein einziges,
niedliches Märchenparadis. Als Heimat von Hans Christian Andersen
liegt die Messlatte auch hoch, was das Schaffen verwunschene Orte und
liebevoller Details betrifft, aber das Tivoli hat seine Sache
wirklich großartig gemacht. Hier wurde sogar darauf geachtet, dass die Treppengeländer ansprechend aussehen. Wirklich niedlich!
Überall entdeckt man zauberhafte
Welten, Anspielungen an den größsten Märchenerzähler Dänemarks
und seine Werke und auch die Restaurants, Attraktionen und Showbühnen sind
dementsprechend angepasst.
Außerdem ist alles ruhig und idyllisch,
obwohl man sich mitten in der Hauptstadt befindet und man auch mal
von einer zischenden Achterbahn überrascht werden kann. Der Park ist
nicht nur für Kinder ein wahres Vergnügen und wirklich jedem, der
mal nach Kopenhagen reist zu empfehlen.
Wer also in eine zuckersüße
Märchenwelt eintauchen möchte, in der noch alles in Ordnung ist und
Pferde von den Felswänden hängen, der ist hier absolut richtig. Es
gibt wirklich außerordentlich viel zu entdecken und erleben, weshalb
es auch außer Frage steht, dass das Tivoli nicht nur von Touristen
sondern sogar eher von Einheimischen besucht wird, die hier einen
schönen Tag mit ihrer Familie verleben.
Ich weiß ich wiederhole
mich, aber es war einfach nur schön, wie alles aufeinander
abgestimmt war. Sogar die parkeigene Feuerwehr wurde verniedlicht.
Das nenne ich Liebe fürs Detail.
Zwar
haben Mama und ich hier nur zu Mittag gegessen, aber viel
fotografieren konnte ich trotzdem, weshalb die geschätzte
Leserschaft nun mit Bildern aus einer anderen, putzigen Welt
bombardiert wird. Es lebe die Märchenwelt!
Leider
ging es danach viel zu schnell wieder zurück in die Realität, die
aber auch gar nicht mal so übel war. Auf unserem Plan hatten wir
noch einen Punkt notiert, bevor wir zu einer ausgedehnten
Mittagspause übergehen wollten. Ein erfrischendes Bad im
Hafenschwimmbad von Kopenhagen. Der Weg dorthin war nicht allzu lang,
lag das Schwimmbad doch genau gegenüber unseres Hostels. Mutig
machten wir uns also auf. Eine Erfrischung war das Bad in den
salzigen Fluten des Hafenbeckens allemal, betrug die Wassertemperatur
doch knackige 16°C. Zwar
ist man ja bekanntlich nicht aus Zucker, aber nach drei Runden im
Becken gaben wir uns doch geschlagen – die Ostsee war dann doch ein
wenig zu kühl. Sobald die Wassertemperaturen steigen, kann ich mir
das Hafenbecken aber durchaus als belebtes Stadtbad vorstellen,
bekommt man doch die wunderbar erquickende Mischung aus Sonne und
Salzwasser für umsonst.
source |
Abends
verließen wir für ein paar Stunden unsere Komfortzone und
wechselten diese in dieser Zeit gegen die dänischen Auslegung von
Anarchie ein. Der Freistaat Christiania befindet sich in Kopenhagen,
will aber mit Kopenhagen so gar nichts zu tun haben. Oder mit festen
Regeln und Verboten der Zivilisation. Hier wird eifrig auf dem Grad
zwischen künstlerischer Freiheit und muffiger Verlottertheit
herumgetanzt und es scheint den Bewohnern Christianias sehr viel Spaß
zu machen.
source |
Vielleicht wundert man sich der geschätzte Leser, wieso
ich keine eignen Fotos hochstelle, sondern auf Alternativen
zurückgreife, aber ich hatte einfach nicht den Mumm Fotos zu
schießen – da bin ich ganz ehrlich. Bei Anbruch der Dämmerung
kann es hier nämlich auch durchaus unangenehm werden, auch wenn die
Freistaatler prinzipiell nett sind. Außerdem ist in einigen
Bereichen, wie der weltbekannten Pusherstreet, das Fotografieren
sowieso strikt untersagt, da in Christiania legal mit Marihuana
gehandelt werden darf, dieses Angebot aber natürlich nicht außerhalb
des Freistaat gilt. Angst muss man trotz allem nicht haben, da einem
nichts passieren kann, solange man seinen Fotoapparat nicht zückt
oder ein Polizist mit Drogenspürhund ist. Oder beides.
source |
Ich
bin keineswegs übermäßig ängstlich oder scheu, aber als wir das
Haupttor wieder nach draußen passierten, fiel mir doch ein kleiner
Stein vom Herzen. Wahrscheinlich müsste man Christiania am Besten
tagsüber besuchen, da der Freistaat dann doch zu aufregend ist, als
das man vor ihm Angst haben müsste. Meinen Schlaf hat der Besuch jedenfalls nicht beeinträchtigt.
liebst
Elli♥
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen