Hallihallo,
Im
letzten August habe ich die schönen Illustrationen der Künstlerin
Ella Frances Sanders zufällig gefunden, die sich allesamt mit
ungewöhnlichen, unübersetzbaren Wörtern aus aller Welt
beschäftigen.
Seither
hat mich dieses Thema nie ganz losgelassen und wie ein weiterer
Zufall es wollte, habe ich doch glatt in einer kleinen Ramschecke
eines Discounters ein Buch gefunden, dass die Lust auf neue Wörter
stillen konnte. Noch jetzt beim Schreiben frage ich mich, wieso
solche Bücher weniger gewürdigt werden als andere. Nur solche,
augenzwinkernden Sammlungen zeigen uns doch, wie groß und kurios
unsere Welt ist. Wahrscheinlich stehe ich mit dieser Einschätzung
sehr allein im Raum aber > Was heißt hier Tingo : und andere
verrückte Wörter aus aller Welt< ( Hui langer Titel) von Adam
Jacot de Boinod ist mehr als nur ein preisgesenktes Mängelexemplar.
Kostenpunkt: ca. 10 € bei Amazon oder als PDF- Leseprobe |
source |
Adam
Jacot de Boinod, Jahrgang 1960, entdeckte durch ein altes albanisches
Wörterbuch, das er als Mitarbeiter der britischen Quizsendung IQ
nach schwierigen durchforstete, in dem er auf genau 27 verschiedene
Bezeichnungen für Schnurrbärte und ebenso viele für Augenbrauen
entdeckte.
Danach hatte er Blut geleckt. Für sein erstes Werk >
Was heißt hier Tingo: und andere verrückte Wörter aus aller Welt<, veröffentlicht 2005 wühlte er sich durch
280 Wörterbücher und 140 Webseiten. Danach folgten zwei weitere
Bücher dieser Art, wobei sich
> Toujour Tingo < ( 2007)
weiterhin mit fremdländischen Wörtern unübersetzbarer Natur, >
The Wonder of Whiffling < (2009) sich mit ungewöhnlichen Wörtern
der englischen Sprache befasst.
source & source |
Über
Marija Tiurina findet man im riesigen Internet leider nur, dass sie
Britin und vom Beruf her Illustratorin ist. Und einen wirklichen hübschen Namen
ihr eigen nennt.
Ihre
Serie > Untranslatable Words < ist unheimlich liebevoll und
lustig gestaltet. Schon weil sie alle noch oldschool mit Tusche aufs
Papier gebracht wurden, muss man sie einfach lieben.
>
Was heißt hier Tingo: und andere verrückte Wörter aus aller Welt <
sammelt Wörter aus allen Bereichen des Lebens und, wie schon im
Titel angemerkt ,allen Ecken und Winkeln unseres Globus.
Angefangen
bei einer normalen Begrüßung, die in Sri Lanka sehr leicht
ausfällt, da das Wort ayubowan alle
Tages-und Nachtzeiten beinhaltet, bis zu Wörtern, bei dem wohl jedes
Rechtschreibprogramm ( so auch meins) ausrastet wie aaa
aus dem Hawaiianischen, dem Wort
für einen Lavastrom, oder aare
aus Estland, das die Oberkante eines Zauns rund um einen Garten
beschreibt.
Abgeschmeckt
wird das Ganze mit sogenannten „ Nachgedanken“ bei denen der
Autor auf allerhand anderer Eigenarten unserer plappernden Welt
eingeht. So ist Finnland Herr der Palindrome, also Sätze wie Wörter,
die vorwärts wie rückwärts gleich gelesen werden. So ist ein
saippuakivikauppias ein
Specksteinverkäufer und solutomaattimittaamotulos
das Ergebnis eines Messlabors
für Tomaten. Wer die Finnen jetzt schon für eines der geilsten
Völker der Welt hält der wird vom nun vollgegenden Satz begeistert
sein. Neulo taas niin saat oluen bedeutet:
erneut stricken, damit man Bier bekommt.
Gott,
ich liebe die Finnen! ♥
Ein
weiterer Nachgedanke thematisierte die Vermischung verschiedener
Muttersprachen, die den Drang, sich untereinander zu verständigen,
zu lösen zu versuchen. Bestes Beispiel dafür ist das Pidgin –
English, das unteranderem in Papua Neuguinea gesprochen wird. Letztes
Jahr habe ich diese Sprache bereits im Roman > Pigeon English<von Stephen Kelman gefunden, hier vorgestellt und lieben gelernt.
Pidgin-English
ist eine herrliche Sprache. Eigentlich kurze Wörter werden lang und
zunächst augenscheinlich kompliziert umschrieben, ergeben beim
genaueren hinsehen aber recht eigenwillig und irgendwie niedlich
Sinn.
Liklik
box you pull him he cry you push him he cry ist
ein ziemlich umständliches Wort für Ziehharmonika, ist aber in
sofern höchst logisch, da es genau das beschreibt, was dieses
Instrument ausmacht. Auch auf dem Inselstaat Vanatu mitten im Pazifik
wird eine Form von Pidgin-English gesprochen. Als ehemalige Kolonie
Groß Britanniens hat Vanatu noch immer Verbindungen zum Königreich
und wenn Prince Charles die Insel besucht, so wird er mit Pikinini
b'long Kween
angesprochen, was soviel wie Kind neben der Königin bedeutet.
Während
des Lesens gab es eine Sprache, auf die ich mich immer besonders
gefreut – Jiddisch. Diese Sprache ist wirklich der Inbegriff von
Witz und rauem Charme. Insbesondere auf Schimpfwörter und
Beleidigungen wird hier sehr großen Wert gelegt.
Zolst
faliren aleh tseyner achitz eynm, un dos zol dir vey ton ist
in meinen Augen die wohl schönste und gleichzeitig schlimmste
Verwünschung, die man sich vorstellen kann. Wenn man das um die
Ohren gehauen bekommt, weiß man, dass jetzt die
Stoffwechselendprodukte so richtig am dampfen sind, schließlich
bedeutet sie: Du sollst alle Zähne verlieren, bis auf einen, und der
soll dir weh tun. Originell und schmerzhaft – so wie Beleidigungen
sein sollen! Herrlich!
Noch mehr wird es den Leser wohl unter den Fingern gekribbelt haben, endlich die Bedeutung des Wortes tingo zu erfahren. Das Wort kommt aus dem Rapa Nui, das auf den Osterinseln gesprochen wird und beschreibt eine Person, die sich alle möglichen Dinge von ihren Freunden ausleihen, bis deren Haus leer ist.
Da
fragt man sich wer sowas macht? Schließlich gibt es ja für Wörter
immer einen Auslöser.
Ich kenne keinen tingo
ebenso
wenig wie einen koshatnik ,
wie im Russischen jemand bezeichnet wird, der mit geklauten Katzen
handelt. Bei vielen Wörtern wüsste ich zu gerne den Ursprung, was
mir wohl kaum vergönnt sein wird.
> Was heißt hier Tingo: und
andere verrückte Wörter aus aller Welt < von Adam Jacot de
Boinod wird einen in dieser Hinsicht auch nicht sonderlich weiter
bringen, schließlich ist es immer noch ein Buch und keine
Zeitmaschine, aber es birgt doch kleine Kostbarkeiten, die irgendwem
irgendwo schon einmal über die Lippen gehuscht sind.
liebst
Ellie
♥
Ach Gott, ist das niedlich, das mag ich immer noch. Irgendwo habe ich auch noch ein Bild auf meinem Handy vom letzten Post, Ikstuarpok oder so, wenn man immer aus den Fenster schaut, weil mal auf jemanden wartet. Und danke fürs Französisch Auffrischen, den appel du vide kenne ich sogar, zumindest das Gefühl, den Namen bisher noch nicht. Klingt irgendwie schön. Und generell sind diese Bilder so hübsch und ich liebe solche Worte! Gab's eigentlich auch deutsche? Ich frage mich, was Leute so an unserer Sprache interessant finden könnten.
AntwortenLöschenOkay, hab eh selbst gestöbert. Da war's ja, Schadenfreude, wir gemeinen Deutschen. Und jiddisch, Luftmensch, finde ich immer noch fabelhaft.
Alles Liebe, auf dass du noch einige solcher famoser Bücher findest, die ich, wie Of Mice an Men, dann anderthalb Jahre später auch mal lese,
deine Mara
Das Gefühl, dass appel du vide beschreibt, beschleicht mich immer wieder, wenn ich mich auch nur leicht über eine Fensterbank lehne. Zu gerne würde ich diesem Gefühl nachgehen, glücklicherweise rettet mich dann aber mein Verstand. Trotzdem kann man sich bei allen Franzosen und Französinnen nur für dieses Wort bedanken :3
LöschenIch bin immer auf der Suche, stöbere mich durch Buchhandlungen und überhaupt alle Orte, die auch nur den leisesten Duft von Papier und Tinte aufweisen und freue mich dementsprechend immer sehr, wenn jemand meine Funde auch für sich entdeckt ♥
* hust * Es folgt eine kleine Werbung in eigener Sache für alle, die mehr über > Von Mäusen und Menschen < erfahren möchten * hust *:
http://loveli-girl.blogspot.de/2014/10/erzahl-wies-sein-wird.html
liebst
Ellie