Mittwoch, 23. September 2015

Mütter von Mädchen haben alle ein gebrochenes Herz

Hallihallo,

Mittlerweile kann man Bücher ja eigentlich überall kaufen. So auch in Supermärkten und Discountern. Meistens, da bin ich ganz ehrlich, halte ich mich aber von den dort angebotenen Büchern sehr weit fern. Wahrscheinlich gibt es dafür keinen Grund, da es auch außerhalb der Buchhandlungen wahre Perlen gibt. So auch das Buch, dass ich eben während eines Wochenendeinkaufs entdeckt und gekauft habe. 
> Wolkentöchter < von Xue Xinran ist alles andere als literarische Tiefkühlkost sondern wahrlich ein kleiner Schatz, den ich nur gefunden habe, weil ich noch fürs Abendessen kaufen musste. So gab's im Endeffekt nicht nur was zwischen die Kiemen sondern auch zwischen die Hirnlappen und ganz viel fürs Herz.


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1958 wurde Xue Xinran in Peking als Tochter wohlhabender Eltern geboren. Aufgrund der Kulturrevolution wurde Xue von ihrer Großmutter aufgezogen, da ihre Eltern als intellektuelle Bürger inhaftiert wurden. Eine der schrecklichsten Erinnerungen an diese aufwühlende Zeit war für sie, als Rotgardisten ihr Haus anzündeten und sie als sechsjähriges Mädchen nichts dagegen tun konnte. Jahre später, als die Gesetze entschärft wurden, konnte sie doch studieren und wurde schließlich Journalistin. Sogleich wurde sie von einem Radiosender als Sprecherin engagiert und ihre Sendung > Worte im Abendwind < wurde landesweit und über die Grenzen hinaus ein großer Erfolg. Für ihre Sendung reiste sie quer durchs Land und sammelte Interviews sowie Leserbriefe. Meistens waren diese kleines Lobeshymnen an Xue aber manchmal kamen auch Briefe, die die damals junge Frau doch sehr mitnahmen. 

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Frauen berichteten brutal ehrlich von ihrem beschwerlichen Leben. Nach Einhalt der Ein-Kind-Politik in China verschärften sich die ohnehin schon schwierigen Bedingungen. Geschockt las Xue von Frauen die ihre Töchter zum Wohle der Sippe abtrieben oder nach der Geburt weggaben. Wie vielen war sich Xue Xinran dieser Not als Städterin gar nicht bewusst und so stellte sie Nachforschungen an, die auch in ihr Spuren hinterließen.
Nach dem Umzug 1997 nach London widmete sich Xue Xinran zunehmend den Gedanken und Gefühlen der chinesischen Frauen und schrieb viele Bücher auf Basis von Interviews und Erzählungen. 2011 erschien dann > Wolkentöchter <, ein Buch das sich speziell an chinesische Mädchen, die nach ihrer Geburt von ihren Müttern verstoßen und adoptiert wurden. Es soll ihnen Kraft geben und verständlich machen, wieso ihre Mütter das taten, was sie taten.

Kostenpunkt: 9,99€
Zunächst einmal muss man wissen, dass in China eine strenge Ein-Kind-Politik verfolgt wird, die wie der Name schon sagt, darauf abziehlt, dass eine Familie nur ein Kind haben darf. Sinn daran ist, das explosionsartige Bevölkerungswachstum zu stoppen. Eltern, die dieses Gesetz befolgen werden mit Vergünstigungen, wie einem kostenlosen Kindergartenplatz belohnt; Eltern mit mehr Kindern werden bestraft. Auf den allerersten Blick eine gute Idee, wäre da nicht die uralte Tradition für die meisten weiblichen Babys das Todesurteil.
In ländlichen Gebieten wird die Ein-Kind-Politik zwar nicht so hart durchgesetzt wie in der Stadt, lebenswichtige Landabschnitte werden aber nur an Familien mit Söhnen vergeben, da jemand ja die Felder bewirtschaften muss. So muss das erstgeborene Kind in der Tradition ein Junge sein, um das Überleben der Familie zu sichern. Mädchen sind dementsprechend weniger von Nutzen und werden oftmals „beseitigt“.
Man ist sich den Ausmaßen der Ein-Kind-Politik überhaupt nicht bewusst, aber jährlich werden tausende Mädchen ihrer Chance aufs Leben beraubt, einfach weil sie Mädchen sind. 

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Xue Xinran erzählt von Müttern, die ihre Töchter abtreiben oder zur Adoption freigeben mussten; von Hebammen, die dafür bezahlt wurden und werden, die unglücklichen Mädchen umgehend nach der Geburt zu töten, aber auch von liebevollen Mitarbeiterinnen in Waisenhäusern, die alles opfern, um den ihnen schutzbefohlenen Mädchen das Leben so angenehm wie möglich zu machen.
Vielleicht haben sich viele jetzt schon ausgeklinkt – ich kann es absolut verstehen, wenn man sich mit so einem Thema nicht befassen möchte – aber ich musste einfach über > Wolkentöchter < schreiben. 
Für mich ist es einfach unfassbar, was für Leid dieses widerliche Gesetz über die armen chinesischen Frauen gebracht hat. > Wolkentöchter < ist kein Buch, das man schnell schnell durchlesen kann oder danach einfach vergisst, als wäre es ein schnöder Roman. Es ist erschütternd ehrlich aber keinesfalls emotionslos. Im Gegenteil! Mir hat danach so das Herz gebrannt, aus Wut über die dortige Politik, dem Mitleid mit den Müttern und Töchtern und der Hoffnung, dass sie das Blatt doch irgendwann wieder wenden wird und jedes Baby das Recht auf Leben hat, egal welches Geschlecht es besitzt.

liebst
Elli ♥

1 Kommentar:

  1. Oh mein Gott ! Ich von zugleich schockiert und auch fasziniert , da ich mich frage , wie die Autorin alles nieder geschrieben hat. Ich denke es ist sehr emotional und man sollte es nur lesen , wenn man emotional stabil ist oder ?
    Ich finde es einfach schockierend wie stark die ein-Kind-Politik in China durchgesetzt wird und denke , dass man endlich einen Schlussstrich ziehen sollte.
    Ich denke ich werde das Buch auch mal lesen und bin gespannt , welche Eindrücke ich erlangen werde.

    Viel liebe , lydi ❤

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